Ambi-was? Ambivertierte sind Menschen, die sowohl introvertierte als auch extravertierte Eigenschaften besitzen und je nach Situation dazwischen wechseln können. Sofern Du Dich soeben gefragt hast, was Ambiversion ist, bist Du nicht alleine. Auch mir war Ambiversion lange nicht bewusst, was mit meiner eigenen Persönlichkeit zu tun, worauf ich später noch näher eingehen werde. Daher geht es in diesem Blogbeitrag zuerst darum, was ambivertiert bedeutet und am Ende wird es Schreibtipps für Ambivertierte geben. Somit findest Du hier die Ergänzung der bisherigen Blogbeiträge zum Schreiben für Introvertierte und für Extravertierte.
Was ist Ambiversion?
Die Unterscheidung zwischen Extraversion und Introversion kommt ursprünglich aus dem Fünf-Faktoren-Modell oder dem sogenannten Big-Five-Modell aus der Persönlichkeitspsychologie. Das Big-Five-Modell habe ich bereits in der Podcast-Episode „Welche Merkmale bestimmen Deine Persönlichkeit?“ vorgestellt. Höre sie Dir bitte an, falls Du sie bisher noch nicht kennst. Nachfolgend ist eine Kurzfassung zu Introversion und Extraversion:
Introvertierte Menschen richten ihre Aufmerksamkeit gerne nach innen und schöpfen dabei Energie. Sie denken sorgfältig nach, bevor sie sprechen. Introvertierte blühen durch das Alleinsein auf und fühlen sich in kleineren, ruhigen oder vertrauten Gruppen wohl. Das ist wichtig zu wissen, weil Introversion fälschlicherweise häufig mit Schüchternheit verwechselt wird.
Als extravertiert, das umgangssprachlich auch als „extrovertiert“ bezeichnet wird, werden Menschen bezeichnet, die ihre Aufmerksamkeit nach außen richten und durch die Begegnung und den Austausch mit anderen Menschen Energie gewinnen. Für Extravertierte ist der soziale Austausch oft ein Quell der Energie und Inspiration. Sie blühen inmitten von Menschenansammlungen auf und bringen ihre Gedanken und Gefühle gerne mündlich zum Ausdruck.
Und die Ambivertierten? Das sind jene Menschen, die je nach Situation introvertiert oder extravertiert sein können. Diese Flexibilität ermöglicht es den Ambivertieren, sich an verschiedene Gegebenheiten anzupassen und sowohl die Ruhe als auch den Trubel zu schätzen.
Bin ich ambivertiert?
Neue Menschen kennenzulernen oder sympathische Leute zu treffen, hat mir schon immer Spaß gemacht. Ich komme schnell mit jemandem ins Gespräch und häufig fallen mir beim Austausch mit anderen Menschen gute Ideen ein. Daher dachte ich, dass ich extravertiert bin.
Gleichzeitig kann ich mich stundenlang alleine beschäftigen und vermisse dabei niemanden. Das ist selbstverständlich für mich, sodass es mir gar nicht bewusst war. Als ich vor einiger Zeit meine alten Tagebücher ausgegraben habe, fiel es mir auf. Konnte es sein, dass ich vielleicht doch introvertierter bin als gedacht? Wenn man mir als Kind ein Buch in die Hand gedrückt hat, hörte oder sah man stundenlang nichts mehr von mir.
Ich wurde neugierig und begann zu recherchieren, habe aber nicht viele wissenschaftliche Quellen gefunden. Unlängst habe ich wieder einmal nachgeschaut und einen Artikel gefunden, der in „Spektrum der Wissenschaft – Die Woche“ erschienen ist. Hannah Schultheiss schrieb den Artikel „Sind wir nicht alle ein wenig ambivertiert?“, den ich sehr interessant fand. Er war einer der wenigen Beiträge zu diesem Thema, die Verweise auf wissenschaftliche Studien enthielt. Nachdem der Artikel öffentlich nicht verfügbar ist, fasse ich Dir nachfolgend die wesentlichen Fakten zusammen:
Wenig erforscht
Der Begriff „Ambiversion“ wurde erstmals 1923 vom US-Psychologen Edmund Smith erwähnt und tauchte später in den Persönlichkeitsmodellen des britischen Psychologen Hans Jürgen Eysenck wieder auf. Die Gruppe der Ambivertierten ist wissenschaftlich noch wenig untersucht, was so erklärt wird, dass sich die Forschung bevorzugt mit den Extremen beschäftigt hat.
Früher beschäftigte sich die Psychologie primär mit psychischen Abweichungen oder Erkrankungen. Erst später entstand die positive Psychologie, wo sich unter anderem Martin Seligman mit den Einflussfaktoren rund um Glück und Wohlbefinden beschäftigte.
Die Forschung zeigt, dass die Mehrheit der Menschen weder rein introvertiert noch extravertiert ist. Die meisten Menschen sind irgendwo dazwischen. Es erlaubt ihnen, ihre Verhaltensweisen an die jeweilige Situation anzupassen. Als ich das gelesen habe, gab es für mich ein großes Aha-Erlebnis.
Das war also der Grund, warum ich mich unter Menschen ebenso wohlfühle wie alleine. Studien zu Ambiversion sind, wie bereits erwähnt, bislang noch gering. Aktuell vermutet man, dass sich ambivertierte Menschen flexibel an verschiedene soziale Situationen anpassen können, was in vielen Bereichen Vorteile verschaffen soll. Das kam mir aus eigener Erfahrung bekannt vor.
Somit können Ambivertierte auch fürs Schreiben diese Flexibilität nutzen, was wir uns nachfolgend genauer anschauen werden.
Inspiration an vielen Orten
Wir wissen nun, dass Ambivertierte die einzigartige Fähigkeit haben, sich sowohl in ruhigen als auch in lebhaften Umgebungen wohlzufühlen. Als ambivertierte Person kannst Du diese Flexibilität natürlich fürs Schreiben nutzen, um den perfekten Ausgleich zu finden. Ziehe Dich an einen ruhigen Ort zurück, um in Deine innere Gedankenwelt zu versinken oder setze Dich zum Schreiben in ein Café, um die Energie und Inspiration der Umgebung zu nutzen.
Kombiniere Selbstreflexion und Kommunikation
Selbstbeobachtung und Selbstreflexion ermöglichen Dir, Deine innere Welt zu erkunden. Nutze ein Journal oder Tagebuch, um persönliche Erlebnisse oder Gefühle zu reflektieren. Du kannst sie auch dazu nutzen, um Deine Gedanken und Ideen mit anderen zu teilen: Wähle jene aus, die Dir besonders relevant erscheinen oder selbst gut gefallen. Gestalte daraus Beiträge für Social Media, schreibe Blogbeiträge oder Artikel für (Online) Medien.
Auch für mich sind meine privaten Aufzeichnungen Sammlungen von Inspirationen, die ich hier, im Podcast oder auf meinem YouTube-Kanal mit der Öffentlichkeit teile. Dieser Blogbeitrag und viele andere Inhalte sind so entstanden. Die Balance zwischen privatem und öffentlichem Schreiben fördert sowohl Deine Selbstkenntnis und stärkt gleichzeitig Deine Fähigkeit, Dich klar und überzeugend auszudrücken.
Nutze Deine kreative Vielfalt
Ambivertierte haben oft Zugang zu einer Vielfalt kreativer Ideen, die sie beim Schreiben nutzen können. Sie könnten sich von ihrer introvertierten Seite inspirieren lassen, um detaillierte und durchdachte Geschichten zu entwickeln, während ihre extravertierte Seite ihnen hilft, lebendige und dynamische Charaktere und Dialoge zu erschaffen. Durch das Schreiben können sie ihre kreative Vielseitigkeit ausschöpfen.
Literarische Flexibilität
Probiere als ambivertierte Person verschiedene Schreibstile, Erzählperspektiven oder Genres aus, um herauszufinden, was Dir am meisten Freude bereitet. Ob Du Kurzgeschichten, Essays, Gedichte oder Romane schreibst, ist gleich. Die Vielfalt der Möglichkeiten erlaubt Dir, Deine kreativen Grenzen ständig zu erweitern und neue Ausdrucksformen für Dich zu entdecken.
Alleine oder gemeinsam schreiben
Sie können sowohl von der Ruhe des Schreibens alleine als auch von der Dynamik des Schreibens in einer Gruppe profitieren. Der Austausch mit anderen Schreibenden bietet ihnen wertvolles Feedback und neue Perspektiven, während das Alleinschreiben ihnen die notwendige Zeit und Stille gibt, ihre Gedanken zu ordnen und weiterzuentwickeln. Indem sie beide Methoden kombinieren, können sie ihre Schreibfähigkeiten kontinuierlich verbessern und inspirierende Verbindungen zu anderen knüpfen.
Ziele setzen und Routinen entwickeln
Da Ambivertierte sowohl introvertierte als auch extravertierte Fähigkeiten haben, könnten sie von strukturierten Schreibroutinen profitieren. Indem Du Dir klare Ziele setzt, könntest Du Deine Fortschritte messen und Dich selbst motivieren. Gleichzeitig solltest Du flexibel genug bleiben, um auf Deine wechselnden Bedürfnisse und Stimmungen einzugehen. Eine regelmäßige Schreibpraxis samt eigenem Schreibjournal könnte Dir dabei helfen, Deine Fähigkeiten zu schärfen und Deine kreative Energie produktiv zu nutzen.
Fazit
Ambivertierte haben das Potenzial, sich vielfältig zu artikulieren. Durch das Schreiben können sie ihre innere Welt erkunden, ihre Gedanken und Ideen mit anderen teilen und ihre kreative Vielseitigkeit entdecken. Gleich, ob sie sich in ruhigen Momenten des Alleinschreibens oder im Dialog mit anderen Schreibenden am wohlsten fühlen – Schreiben bietet ihnen auf jeden Fall eine wertvolle Möglichkeit, ihre einzigartige Persönlichkeit kennenzulernen, auszudrücken und weiterzuentwickeln.
Schau gerne auf meinen anderen Kanälen wie dem Schreibgeflüster Podcast, meinem YouTube-Kanal vorbei. Dort findest Du weitere Tipps und Inspirationen zur Vielfalt des Schreibens. Oder teile Deine Erfahrungen und Fortschritte, vielleicht hier in einem Kommentar unter diesem Beitrag oder gerne auch in meiner kostenlosen Facebook-Gruppe, wo Du auch Fragen zu diesem oder anderen Themen stellen kannst.
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