Die Voraussetzung für Selbstdisziplin

3 Minuten

Selbstdisziplin – dieses Wort löst bei etlichen Menschen sofort negative Gefühle aus. Das ist auch nachvollziehbar, geht es schließlich darum, den eigenen Willen, die eigenen Gefühle und Neigungen zu beherrschen, um etwas zu erreichen. So lautet die Duden-Definition für Selbstdisziplin und das klingt alles andere als lustig. Wieso sollten wir freiwillig unsere Gefühle und Neigungen unterdrücken? Die Antwort darauf ist klar: Das machen wir nur, wenn wir einen triftigen Grund dazu haben.

Mal angenommen, ein Vater geht mit seinem kleinen Sohn wandern. Der Sohn rutscht ab und stürzt in einen Gebirgsbach. Der Vater denkt keine Sekunde darüber nach, ob ihm das Wasser zu kalt sein könnte, sondern springt dem Sohn hinterher, um ihn aus den kalten Fluten zu retten. Ähnliches gilt auch für eine Mutter, die für die Geburt ihres Kindes Schmerzen auf sich nimmt, die sie sonst freiwillig nie ertragen würde. Sowohl der Vater als auch die Mutter nehmen ihren Kindern zuliebe bedingungslos unangenehme Folgen auf sich. Man nennt das Opfer oder auch Hingabe.
Hingabe ist auch die wichtigste Voraussetzung für Selbstdisziplin. Denn nur, wenn wir einen triftigen Grund haben, nehmen wir Entbehrungen auf uns, unterdrücken unsere Gefühle und Neigungen, schieben Bedürfnisse auf oder ertragen unangenehme Gefühle.
Dazu passt optimal eine Übersicht, die der bekannte psychologische Berater, Coach und Trainer Dr. Roman Braun entwickelt hat und auf seinen Seminaren präsentiert. Er hat sich mit der Frage beschäftigt, was Menschen motiviert. 
Laut Dr. Roman Braun wollen wir Menschen einerseits mehr Lust und weniger Schmerz erleben. Außerdem ist für uns die Sinnfrage wesentlich: Was erscheint uns als sinnvoll und was empfinden wir als sinnlos? Trägt man Schmerz-Lust und sinnvoll-sinnlos in eine Tabelle ein, sieht das so aus:
Was motiviert Menschen? Überblick nach Dr. Roman Braun
Du siehst also, dass Hingabe ein für uns sinnvoller und Leid ein sinnloser Schmerz ist. Niemand würde auf die Idee kommen, die eigenen Gefühle und Neigungen zu unterdrücken, wenn es für ihn keinen Sinn ergibt. 
Als ich diese Tabelle zum ersten Mal gesehen habe, ist mir klar geworden, warum ich bestimmte Aktivitäten in Angriff nehme, selbst wenn sie in dem Moment schmerzhaft und unangenehm sind und warum ich mich zu anderen nicht aufraffen kann. Bei ersteren hatte ich ein glasklares Ziel vor Augen, das mich wirklich begeistert. Bei zweiteren gab es kein Ziel, das für mich Sinn ergab. Das waren Aktivitäten, die gar nicht von mir, sondern von anderen stammten, von denen andere sagen, dass „man sie tun sollte“.
Wenn Du etwas in Angriff nehmen möchtest, das für Dich Selbstdisziplin erfordert, könntest Du Dir davor die folgenden Fragen schriftlich beantworten. Die schriftliche Reflexion führt Dir vor Augen, was Dir wichtig ist, was Du eventuell noch zusätzlich benötigst und was Du tun kannst, um es Dir so angenehm wie möglich zu gestalten:
  • Wie wichtig auf einer Skala von 1 bis 10 ist diese Aufgabe für mich? (1 – unwichtig bis 10 – sehr wichtig)
  • Wie wichtig auf einer Skala von 1 bis 10 ist diese Aufgabe für andere Menschen, die mir wichtig sind?  (1 – unwichtig bis 10 – sehr wichtig)
  • Welchen guten Grund oder welche guten Gründe habe ich, diese Aufgabe zu starten? 
  • Gibt es bestimmte Voraussetzungen, Rahmenbedingungen, Kenntnisse, Planungen, die erforderlich sind, um diese Aufgabe gut und mit Begeisterung zu tun?
  • Was benötige ich, damit diese Aufgabe für mich so angenehm wie möglich wird?
  • Was mache ich, wenn ich nicht so motiviert bin?
  • Bei längerfristigen Aktivitäten: Wie sorge ich dafür, dass ich längerfristig dran bleibe? Wie bleibe ich weiterhin motiviert? 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

vier × 4 =